Landesmitgliederversammlung 2018, 4. März, Dortmund
Beschluss im Wortlaut
State of the Union
Die Entwicklungen des Jahres 2017 ergeben, dass das im Weißbuch zur Zukunft Europas veröffentlichte Szenario 5 (“Viel mehr gemeinsames Handeln”) hinter Szenario 3 (“Wer mehr will, tut mehr”) zurücktreten muss. Die Etablierung der PESCO im Dezember zementiert diese Beobachtung, da nicht alle europäischen Mitgliedsstaaten an der neu etablierten gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik teilnehmen. Um ein Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten kommen wir folglich für einige Zeit nicht mehr herum. Daraus zu folgern, dass wir unser Ziel der Vereinigten Staaten von Europa nun aufgeben müssten, wäre allerdings falsch.
Junge Europäische Föderalist*innen nutzen Rückschläge wie den gescheiterten Verfassungsvertrag als Ansporn. “Europa erleben, verstehen, gestalten” ist nicht umsonst einer unserer zentralen Wahlsprüche. Darum arbeiten wir auf einen neuen Elysee-Vertrag hin. Auch wenn es sich hierbei um eine intergouvernementale Vereinbarung handelt, lässt sich der stärkere Schulterschluss mit Föderalist*innen wie Staatspräsident Macron nicht mehr rückgängig machen.
Wahlen
Bisher wird die Europawahl nach nationalen oder regionalen Listen durchgeführt. Damit ist es unmöglich, für Politiker aus anderen Mitgliedsstaaten zu stimmen, selbst wenn man diese jenen aus dem eigenen Mitgliedstaat vorzieht. Daher fordern die JEF NRW, dass in Zukunft paneuropäische Listen zum Einsatz kommen. Um den Einfluss des einzelnen Wählers zu erhöhen, sollten diese Listen offen gestaltet werden. Weiterhin wäre es denkbar, Vorwahlen einzuführen.
Dass das Europäische Parlament gegen solche transparente Listen gestimmt hat, ist sehr enttäuschend. Dass führende Mitglieder der Europa-Union und der Union Europäischer Föderalisten dagegen gestimmt haben, empfinden wir als noch schlimmer. Um die Vorzüge der Mehrheits- und der Verhältniswahl zu vereinen, sollte es auf europäischer Ebene neben transnationalen Listen auch Direktkandidaten geben. Die Wahlkreise könnten sich gelegentlich überschneiden, da in einigen Fällen gemeinsames Interesse an regionaler Entwicklung besteht. Prominente Beispiele dafür in NRW sind Aachen und Eupen, Viersen und Venlo oder Gronau und Enschede. Diese Beispiele zeigen, dass wir hier in NRW gemeinsame Direktkandidaten mit Belgien und den Niederlanden haben könnten. Diese Maßnahme könnte auch die Euregios sinnvoll ergänzen. Bisher sind die europäischen Parteien nur Parteifamilien. Der einzelne Bürger kann nur für seine nationale Mitgliedspartei stimmen. Dadurch wird die europäische Dimension der Politik zu einer Verlängerung nationaler Politik. In Zukunft muss es echte paneuropäische Parteien geben, in denen die Nationalität der Politiker keine Rolle mehr spielt. Kompetenz und Ideen für Europa müssen entscheidend sein, nicht Herkunft und nationale Rolle.
Europäische Freizügigkeit
Nordrhein-Westfalen liegt im Herzen Europas. Durch die Grenzen zu Belgien und den Niederlanden, aber auch zu Niedersachsen, Hessen und Rheinland-Pfalz sind wir Grenz- und Transitverkehr gewöhnt – und profitieren von den Freiheiten, die aus der Europäischen Gemeinschaft resultieren. Wieder herabsinkende Schlagbäume treffen uns ins Mark. Die Kampagne “#DontTouchMySchengen” ist nicht nur ein Projekt für uns, es ist eine Lebensaufgabe. Wir verteidigen die europäische Freizügigkeit bis aufs Letzte! Deshalb sprechen wir uns auch gegen die Maut auf Verkehrsstraßen aus! Wir fordern die Landesregierung auf, die Bundesautobahnen und Bundesstraßen in NRW, die Teil des Europastraßensystems sind, nur noch als solche auszuzeichnen. Das stärkt die europäische Identität und ist an den Grenzen praktischer. Vorbild ist für uns Schweden.
Außerdem fordern wir die Landesregierung auf, Englisch als zweite Amtssprache in unserem Bundesland einzuführen. Das ist ein nächster Schritt hin zu einer Union, die Freizügigkeit lebt. Zwecks Identitätsstiftung fordern wir ebenfalls die Einführung des Europatages (9. Mai) als Feiertag. Über die etwaige Streichung eines anderen Tages und dessen Auswahl wollen wir nicht urteilen.
Neben einer Verbesserung des Nachfolgers von Erasmus+ zur Stärkung der europäischen Mobilität fordern wir #FreeInterrail für alle 18-jährigen Jugendlichen aus NRW, wenn es schon auf bundesrepublikanischer und europäischer Ebene nicht weiter als im Testbetrieb klappt.
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