KV Münster

Das 70-jährige Jubiläum der Deutsch-Niederländischen Gesellschaft

Anlässlich der Jubiläumsfeier der Deutsch-Niederländischen Gesellschaft in der Auslandsgesellschaft NRW lud ihr Vorsitzender Rainer Frickhöfer am Samstag, den 21. Oktober 2017 ab 10:30 Uhr in den Wappensaal der Burg Lüdinghausen ein. Nebst einem musikalischen Rahmenprogramm hörten die geladenen Gäste – unter ihnen die JEF Münster – u. a. Vorträge von Prof. Dr. Friso Wielenga, Direktor der Niederlande-Studien an der Universität Münster und Dr. Elisabeth Schwenzow, Geschäftsführerin der EUREGIO e.V.

Bei festlicher Stimmung im Wappensaal der Burg Lüdinghausen hieß Rainer Frickhöfer als Vorsitzender der Deutsch-Niederländischen Gesellschaft die zahlreichen Gäste willkommen und zeichnete mit einem historischen Rückblick die vergangenen 70 Jahre nach. Dabei machte er deutlich, dass sich sowohl Deutschland als auch die Niederlande für die europäische Einigung engagieren und bilaterale Gesellschaften einen besonderen Beitrag für den europäischen Zusammenhalt leisten.

In ihrem Grußwort lobte Frau Josephine Kleyboldt, stellvertretende Bürgermeisterin der Stadt Lüdinghausen, die guten deutsch-niederländischen Beziehungen und stellte dabei die Bedeutung der Achtung voreinander und des Kümmerns umeinander heraus.

Der Präsident der Auslandsgesellschaft NRW Klaus Wegener verwies seinerseits darauf, dass bilaterale Ländergesellschaften keine direkte politische Macht ausüben könnten. Jedoch würden durch sie stetig kleine Mosaiksteinchen verändert – „große Veränderungen beginnen von unten, beginnen in der Bevölkerung“, so Wegener.

Als Vorsitzender der Europa-Union NRW verwies Peter Wahl in seinem Grußwort auf die europäische Jugend aus den eigenen Reihen. Die Zukunft würde von den Jungen Europäischen Föderalisten mitgestaltet und dies frei nach dem Motto „zu Europa, für Europa!“. Überparteilichkeit sei dabei eine nicht zu unterschätzende Stärke.

Nach einem musikalischen Zwischenspiel stellte Frau Dr. Elisabeth Schwenzow als Geschäftsführerin der grenzüberschreitenden Gebietskörperschaft EUREGIO e.V. eben jene Organisation vor. Die EUREGIO schaffe mit ihrer Arbeit auf verschiedensten Gebieten und in 120 angeschlossenen Kommunen immer wieder Begegnungen und bringe die Menschen zusammen. Durch den deutsch-niederländischen Zweckvertrag seien beide Länder gleichberechtigt und die Organisation neutral, dies habe den entscheidenden Vorteil, die Interessen auf beiden Seiten der Grenze bestmöglich vertreten zu können.

In seinem Festvortrag »Die niederländische Identität: Mythen und Wirklichkeit« beschäftigte sich Prof. Dr. Friso Wielanga mit vier großen Vorurteilen, die der niederländischen Bevölkerung zugewiesen würden. Anhand historischer Ereignisse und mit Fachwissen aus seiner wissenschaftlichen Arbeit gelang es ihm die stilisierten Charakteristika (1) Konsensorientierung, (2) Liberalität und Toleranz, (3) Calvinismus und (4) Tapferkeit in ein realistischeres Licht zu rücken.

Besonders prägnant waren dabei seine Ausführungen zur pragmatischen Konsensorientierung der Niederländer. Diese folge aus der gemeinsamen Erkenntnis, dass in einem Land mit vielen Minderheiten nur dann Lösungen für Probleme gefunden werden könnten, wenn man sich einigt.

Mittels des Modells der “Versäulung” konnte der Professor veranschaulichen, dass die viel gelobte Toleranz in so mancher Hinsicht als Desinteresse gewertet werden könne. Das Kredo ‚tust du mir nichts, tu ich dir nichts‘ habe in der Vergangenheit eine entscheidende Rolle für das Miteinander in der Gesellschaft eingenommen, ohne dabei grundsätzliche kosmopolitische Toleranz zu meinen. Die vermeintliche Liberalität der niederländischen Bevölkerung werde daher häufig idealisiert.

Weiter sei der Calvinismus eine von vielen (religiösen) Minderheiten in den Niederlanden, die in der Geschichte zwar eine wichtige aber nie die einzige Kraft darstellt habe. Entsprechend rechtfertige sich eine ausschließliche Charakterisierung als calvinistisch nicht. Auch am vierten Aspekt ‚klein aber tapfer‘ konnte der Redner aufzeigen, dass das erzeugte Selbstbild und die historische Wirklichkeit von Unterschieden geprägt sind.

Zum Ende seines Vortrags schlussfolgerte Prof. Dr. Wielanga, dass historische Mythen, die Teil der niederländischen Identität seien, mit der Zeit gebrochen würden. Wenn er auf die Niederländer und Niederländerinnen sehe, dann sehe er Vielfalt – eine Einheit in Vielfalt! Dies gelte ebenso in Deutschland, Belgien, Spanien, Frankreich, Schweden, … dies gelte in Europa!

Die Veranstaltung klang am Nachmittag mit einem reichhaltigen Buffet und angeregten Gesprächen zu Tisch aus.

An dieser Stelle möchten wir uns noch einmal recht herzlich bei der Deutsch-Niederländischen Gesellschaft für die Einladung bedanken! Ebenso danken wir den Rednerinnen und Rednern für ihre sehr interessanten Vorträge, aus denen wir spannende Anregungen für unsere weitere Arbeit im Kreisverband mitnehmen. Zudem freuen wir uns, dass Prof. Dr. Wielenga uns als Referent für einen zukünftigen Discuss Europe-Stammtisch zur Verfügung stehen wird.

Gruppenfoto v.l.n.r.:

Verena Quint, Peter W. Wahl, Prof. Dr. Friso Wielenga, Rainer Frickhöfer, Pia Wirtz, Joris Duffner, Juliane Miller und Lena Heidemann