Discuss Europe, KV Münster

Brennpunkt Katalonienkrise: Was war? – Und wie geht es weiter?

Kurzfristig schafften wir es am Dienstag, den 07.11.2017, während unseres regelmäßigen Stammtischs eine dringliche ‚Discuss-Europe‘-Runde über die aktuelle Lage bezüglich der Unabhängigkeitsbestrebungen Kataloniens zu veranstalten. Nach einem spannenden Vortrag von Markus Tichy entwickelte sich eine angeregte Diskussion über die Folgen der aktuellen Entwicklungen und das Konzept des „Europa der Regionen“.

Anlass für den kurzfristigen Discuss Europe-Stammtisch gab uns die Flucht des abgesetzten katalanischen Regionalpräsidenten Puigdemont nach Belgien und der anschließend bestehende europäische Haftbefehl gegen ihn. Bei der Veranstaltung blieben wir unserem klassischen ‚Discuss-Europe‘-Format getreu, sodass die Runde nach einem Input-Vortrag von Markus ins Gespräch kam und über die verschiedensten Aspekte diskutierte und Meinungen austauschte.

Konkret wurde zunächst ein historischer Abriss skizziert, bei dem deutlich wurde, dass die katalanischen Unabhängigkeitsbestrebungen schon bis ins 11. Jhd. n. Chr. zurückreichen. Immer wieder gab es Wünsche nach mehr Autonomie, vor allem aufgrund von wirtschaftlicher Stärke sowie wegen einer schon lange bestehenden eigenen Kultur und Sprache. Bezüglich der Geschehnisse in den letzten Wochen und Monate, aber auch in den vergangenen Jahren, wurden erhebliche Fehler sowohl von Seiten der spanischen Zentralregierung, als auch von der katalanischen Regionalregierung festgestellt.

Es wurden ferner Stimmen und Meinungen präsentiert, die verschiedene Szenarien und Lösungsansätze für eine zukünftige Lösung des Konflikts darlegen. Beispielsweise meinen viele, die Zuspitzung der Ereignisse könne nur durch eine gesamtspanische Verfassungsreform gelöst werden, gemäß der Katalonien eine eigene Steuerhoheit bekommen könnte. Insbesondere wurde aber auch die Rolle der Europäischen Union thematisiert: Soll sie sich einmischen? Wenn ja, in welcher Form? Wie ist das Gedankenspiel des ‚Europa der Regionen‘ in diesem Zusammenhang zu beurteilen? 

Während der anschließenden Diskussionsrunde wurde dann auch deutlich, dass die gesamte Situation hinsichtlich des völkerrechtlichen Prinzips der Selbstbestimmung der Völker als äußerst schwierig zu beurteilen ist. Außerdem wurden einerseits Vergleiche gezogen zum BREXIT, zu schottischen Unabhängigkeitsbestrebungen und auch zum Separatismus im Kosovo, andererseits wurden aber auch Unterschiede dazu aufgedeckt.

Dass solche Bestrebungen wie die der Katalanen eine Chance für die Idee eines Europas der Regionen sein könnte, wie es beispielsweise Ulrike Guérot sieht, wurde auch intensiv in der Runde diskutiert, aber mehrheitlich abgelehnt. Über die Rolle der EU in diesem Zusammenhang wurden verschiedene Meinungen in unserer Runde präsentiert. Auch wurde über gesamtspanische Reformen diskutiert, die das Problem möglicherweise lösen könnten.

Zuletzt haben wir uns im Meinungsaustausch gefragt, wie denn überhaupt ein potenzieller unabhängiger katalanischer Staat aussehen könnte, welche Ziele er haben könnte und wie er international überhaupt eingeordnet werden kann.

Alles in allem ergab sich eine sehr facettenreiche Diskussion nach einem äußerst informativen Vortrag, der die gesamte Situation kompakt zusammenfasste. In jedem Fall sind wir sehr gespannt, wie es in den nächsten Wochen und Monaten weiter geht, vor allem angesichts der angesetzten Neuwahlen des katalanischen Parlaments am 21.12.2017. Vielleicht besteht ja dann wieder Diskussionsbedarf. Wir bleiben am Ball!

PS: Dir brennt auch ein (aktuell) europapolitisches Thema schon seit Wochen unter den Fingernägeln und wolltest schon immer in einer größeren Runde unbedingt darüber ins Gespräch kommen? Melde Dich sehr gerne bei Juliane Miller (juliane.miller@jef-nrw.de) und wir organisieren einen Discuss Europe-Stammtisch über Dein Thema!