Stellungnahmen

Geisterfahrer Ungarn: Die EU muss ihre Grundwerte verteidigen!

Der ungarische Präsident Viktor Orbán hat im Rahmen der Corona-Krise seine Machtbefugnisse weiter ausgeweitet. In den letzten Jahren hat Orbán seine Mehrheit im Parlament immer wieder dafür genutzt, verschiedene Pfeiler der Demokratie auszuhöhlen und verstößt damit gegen die Grundprinzipien der EU. Parlament, Mitgliedsstaaten und Kommission haben diesem Verhalten bisher nichts entscheidendes engegengesetzt. Wir finden: Das muss jetzt ein Ende haben!

Viktor Orbán hat die Corona-Pandemie genutzt, um sich weitgehende Machtbefugnisse zu verschaffen und den Weg Ungarns in einen Autoritarismus zu ebnen. Das am Montag im ungarischen Parlament verabschiedete Notstandsgesetz ist ein weiterer schwerer Schlag gegen die demokratischen und rechtsstaatlichen Grundsätze und Werte der Europäischen Union. Der auf unbestimmte Zeit verlängerte Notstand ermöglicht es Orbán, per Dekret zu regieren – de facto ist die parlamentarische Kontrolle außer Kraft gesetzt. Gleichzeitig wird die Pressefreiheit weiter eingeschränkt, in dem die Verbreitung nicht genauer definierter „Fake News“ mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden kann.

Sowohl die Europäische Union als auch die Bundesregierung dürfen nicht länger untätig und wortlos dabei zuschauen, wie Mitten in der EU ein demokratischer in einen autoritären Staat umgebaut wird. Die jüngsten Maßnahmen stellen nur eine Fortsetzung dessen dar, was sich in Orbáns Amtszeit seit 2010 Stück für Stück angekündigt hat: Regierung, Medien und Wirtschaft wurden zunehmend an die Leine genommen, die Unabhängigkeit der Justiz eingeschränkt, entscheidende Positionen in kulturellen Institutionen mit eigenen Gefolgsleuten besetzt und Bildungseinrichtungen, wie die Central European University, außer Landes gezwungen.

Artikel-7-Verfahren konsequent anwenden!

Daher fordern wir die Europäische Union und nationalen Regierungschef*innen dazu auf, den Rechtsstaatsmechanismus in Form des Artikel-7-Verfahrens konsequent anzuwenden und die Einhaltung der europäischen Grundwerte zu gewährleisten. Des Weiteren muss der im Kontext des mehrjährigen Finanzrahmens diskutierte neue EU-Haushalt Sanktionsmechanismen bei der Verletzung von Rechtsstaatlichkeit enthalten, um derartigen Verstößen ein effektives, unmittelbar wirkendes Mittel gegenüber zu stellen.

Nicht zuletzt ist die Ausnutzung der Corona-Krise zur Durchsetzung derartiger nationalistischer und autoritärer Maßnahmen ein falsches Zeichen zur falschen Zeit. Der Virus kennt keine Grenzen. Deshalb ist gerade jetzt die Zeit für mehr Gemeinschaft, Solidarität und Demokratie. Die Zeit für mehr Europa!