Stellungnahmen

Offener Brief zum Beschluss des Europäischen Rates zum Mehrjährigen Finanzrahmen und den Corona-Aufbauhilfen

Sehr geehrte EU-Parlamentarier*innen,

wir als Junge Europäische Föderalisten NRW begrüßen grundsätzlich die Einigung in der Runde der Staats- und Regierungschef*innen hinsichtlich des Mehrjährigen Finanzrahmens und den Corona-Aufbauhilfen. Sie sendet in diesen Zeiten ein wichtiges Signal europäischer Zusammenarbeit und Solidarität. Insbesondere die durch die Kommission aufzunehmenden Anleihen sowie geplante Steuern auf EU-Ebene sind ein Bekenntnis zu einer tieferen europäischen Integration.

Allerdings ist die Einigung nur ein erster Schritt. Das Finanzpaket kann in mehrerlei Hinsicht nicht unseren Ansprüchen an eine nachhaltige, zukunftsorientierte und demokratische Europäische Union gerecht werden. Ohne die Zustimmung des Europaparlaments, ohne Ihre Stimme als EU-Parlamentarier*in, kann das Paket nicht in Kraft treten. Dass dies auch in den Berichten über die Verhandlungen oft vergessen wird, ist symptomatisch für zwei Kernprobleme der EU: Das Parlament wirkt nach der derzeitigen Regelung nicht gleichberechtigt an der Ausarbeitung des EU-Budgets mit – sondern kann nur auf den Vorschlag der Staats- und Regierungschef*innen reagieren – und es fehlt weiterhin eine Europäische Öffentlichkeit.

Wir als Junge Europäische Föderalisten NRW sind überzeugt, dass die beste Lösung in einer föderalistischen Umstrukturierung der EU liegt. Das Europaparlament als Stimme aller EU-Bürger*innen braucht eine gleichberechtigte Verhandlungsposition zu den Vertreter*innen der Mitgliedstaaten.

Unabhängig von den grundsätzlich nötigen institutionellen Änderungen kommt Ihnen als Vertreter*innen der Bürger*innen Nordrhein-Westfalens gerade jetzt eine entscheidende Rolle dabei zu, den Vorschlag des Europäischen Rates im Sinne der europäischen Bürger*innen zu verhandeln und zu gestalten. 

Deshalb fordern wir als Junge Europäische Föderalisten NRW:

  1. Die Rechtsstaatskonditionalität muss umgesetzt und unmissverständlich verankert werden: Gemeinsame Werte sind das Fundament der Europäischen Union und wer gegen diese verstößt, darf nicht von EU-Mitteln profitieren. Nur so wird es die EU schaffen, wieder zu einer glaubwürdigen Vertreterin ihrer eigenen Grundwerte zu werden.

  2. Keine Kürzungen bei der sozial-ökologischen Transformation:
    Gerade die Kürzung des Budgets für den Just Transition Fund ist besorgniserregend! Wenn wir die Regionen und Menschen, die am stärksten von der absolut notwendigen klimafreundlichen Transformation betroffen sind, nicht unterstützen, gefährden wir den sozialen Zusammenhalt und letztlich den Kampf gegen den Klimawandel selbst.

  3. Zukunftsinvestitionen dürfen nicht geopfert werden:
    Insbesondere die zukunftsgewandten Teile des EU-Haushaltes, wie Digitalisierung, Umwelt, Jugend oder das EU4Health-Programm dürfen nicht gekürzt werden. Wer mit Erasmus+ am Flaggschiffprogramm der EU für die Jugend spart, handelt fahrlässig und vergibt eine wichtige Chance, junge Erwachsene für das europäische Projekt zu gewinnen. Auch die Investitionen in Horizon Europe müssen im ursprünglichen Rahmen erhalten bleiben – gerade dieses Programm ist wichtig, um Europa zukunftsfähig zu machen und Innovationen für eine klimafreundliche Transformation anzuregen.

  4. Die Konferenz zur Zukunft Europas sollte die Basis für institutionelle Erneuerung legen:
    Die Probleme der bestehenden europäischen Entscheidungsfindungsprozesse müssen grundsätzlich diskutiert werden und sollten in einem offenen, bürgernahen Prozess angegangen werden. Das EU-Parlament soll hier auf einen zeitnahen Beginn drängen.

Wir wünschen uns, dass Sie sich diese Forderungen zu Herzen nehmen und sich für die Belange der jungen europäischen, insbesondere nordrhein-westfälischen, Bürger*innen einsetzen und dabei helfen, die Europäische Union zukunftsfähig zu machen!

Der Vorstand der Jungen Europäischen Föderalisten NRW e.V.