„Fit for 55“. Was sich nach einem Sportprogramm anhört, ist der neue Klimaplan der europäischen Kommission. Durch diesen sollen die CO2 Emissionen bis 2030 um 55 % im Vergleich zum Jahr 1990 reduziert werden. Vorgestellt wurde der Plan am 14. Juni 2021 und verbessert damit das ursprüngliche Reduktionsziel, welches einer Verringerung von 40 % vorsah. Europa soll unter anderem mittels dieses Plans bis 2050 der weltweit erste klimaneutrale Kontinent werden. Was als Ziel natürlich zu begrüßen ist, muss nun jedoch schnellstmöglich mit wirkungsvollen Maßnahmen angegangen werden.
Mit welchen Mitteln soll das Ziel erreicht werden?
Zuallererst muss festgehalten werden, dass „Fit for 55“ kein Reglement darstellt, sondern Gesetzes- und Vorschriftsvorschläge beinhaltet. Das heißt, dass die Verhandlungen mit dem Parlament und dem Rat der Mitgliedsländer noch bevorstehen. Einer der enthaltenen Punkte betrifft den Handel mit CO2 Zertifikaten. Das EU Emission Trading System (ETS), welches bisher bspw. für Flugreisenanbieter und Industrieunternehmer galt, soll durch ein zweites erweitert werden. Dieses umfasst die Bereiche Gebäude und Verkehr und soll auch den Verkauf von klimaneutralen Fahrzeugen ankurbeln. Kritiker:innen befürchten jedoch, dass die Mehrkosten der dann notwendigen Zertifikate auf die Bürger:innen umgelegt werden und diese als Konsequenz im Alltag mit höheren Tank- und Heizkosten zu rechnen haben. Sozialen Verwerfungen und Ablehnung gegenüber einer grünen Union könnten die Folge sein. Um diese Verwerfungen zu verhindern plant die Kommission einem Klimafond, der durch die Mehreinnahmen des Verkaufes der Zertifikate finanziert wird und an die Bürger:innen ausgezahlt wird. Allerdings enthält der Klimaplan keine konkrete Ausgestaltung dieses Klimafond. Fragen bezüglich der Verteilungsquoten oder der finanziellen Entlastung von Bürger:innen sind momentan noch ungeklärt.
Weitere Folgen des Klimaplans könnten höhere Energiesteuern und eine Abschaffung des Verbrennungsmotors bis 2035 sein.
Kritik aus dem Europäischen Parlament und Umweltverbänden
Reicht dieses mögliche Maßnahmenpaket um das 1,5 Grad Ziel einzuhalten? Nein, heißt es von einige Umweltverbände. Für den WWF ist es ein „notwendiger und wichtiger Schritt in die richtige Richtung […] Dennoch ist das Paket bei weitem nicht „fit for 1,5°C“. In der Kritik steht ebenfalls der nicht ausreichende Ausbau von erneuerbaren Energien, welcher unter dem machbaren und notwendigen Potential zurück bliebe . Auch manche Stimmen aus dem Parlament sind kritisch. Einige halten den Plan für unsozial, andere sorgen sich um die Wettbewerbsfähigkeit Europas. Genauer diskutiert wird der Plan im Parlament allerdings erst nach der Sommerpause.
Die europäischen Bürger:innen dürfen die Last des Klimawandels nicht alleine tragen
Was am Ende des teils voranschreitenden, teils schwächelnden Plans übrig bleibt, wird sich erst in den nächsten Jahren in den Debatten mit den anderen EU-Institutionen zeigen. Dabei darf nicht aus den Augen verloren werden, dass das 1,5 Grad Ziel keine wahllose Zahl ist. Die Klimakrise ist die Herausforderung der kommenden Jahrzehnte und muss als eine solche behandelt und mit der größtmöglichen Schlagkraft auf Policy-Ebenen angegangen werden.
Ebenfalls ist es wichtig, den europäischen Bürger:innen keine zu starke finanzielle Belastung aufzubürden. Wie bereits erwähnt könnten soziale Verwerfungen und verringerte Unterstützung für eine grüne Agenda die Folge sein. Denn eines ist sicher: Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit müssen und können gemeinsam gedacht werden. Die Erreichung des einen ist ohne die Erreichung des anderen nicht vorstellbar.