Exkursionen

Deutsch-Kosovarische Begegnung

Von Pristina bis nach Düsseldorf, nach Münster und wieder zurück. Vom 23.-29. Mai 2018 begrüßte die JEF NRW ihren Austauschpartner JEF Kosovo beziehungsweise 15 KosovarInnen in NRW. Vor ihnen eine ganze Woche voller Begegnungen, Diskussionen über EU-Integration, deutsches Zeitmanagement und kosovarischem Frohsinn, Altbier und albanischer Popsongs.

Erstmal alles auf Anfang.

It’s a match!

Das sogenannte Twinning-Programm der JEF Europe, unserem Dachverband auf europäischer Ebene, ermöglicht JEF-Sektionen aus allen Ländern sich kennenzulernen, gemeinsam Projekte auf die Beine zu stellen oder auch einfach nur einen Ansprechpartner für aktuelle europäische Themen und Debatten im jeweiligen Land zu haben. In unserem Fall fiel die Wahl auf die JEF Kosovo, eine kleine JEF-Sektion im jüngsten Land Europas.

In einer Münsteraner Kneipe voller motivierter JEFerInnen kam 2014 das erste Mal die Idee auf, einen Austausch mit der JEF Kosovo zu organisieren. Ein erster Kontakt wurde hergestellt. Vier Jahre später blicken wir auf eine spannende Reise nach Pristina und einen erlebnisreichen Besuch der JEF Kosovo in NRW zurück. Nachdem eine Gruppe unserer Mitglieder im Oktober 2016 (lest hier die Reiseberichte) in Pristina, Mitrovica und Prizren Land und Leute kennenlernen durfte, und mit verschiedenen Experten, NGOs und Politikern des Landes über Kosovos Geschichte und Zukunft in Europa diskutierte und lernte, waren wir im Mai 2018 die Gastgeber. Das Projektteam gestaltete eine Agenda vollgepackt mit Themen, die junge Menschen in beiden Ländern beschäftigen und unsere Arbeit als JEF beeinflussen.

Buntes Düsseldorf – Migration in Europa und nach Deutschland

Nach einem ersten Kennenlernen und einer Präsentation der wichtigsten Fakten und Neuigkeiten zum Kosovo in der Jugendherberge Düsseldorf stiegen die TeilnehmerInnen in eines der Hauptthemen unserer Projektwoche ein und erkundeten, wo und wie Einwanderung nach Deutschland seine Spuren in Düsseldorfer Bezirken hinterlassen hat. Darauf folgte ein Faktencheck mit Migrationsexpertin und Grünen-Politikerin Gönül Eglence. Gemeinsam diskutierten wir die wichtigsten Migrationsbewegungen in Europa, in der Region des Westbalkans und die Entwicklungen seit dem Zustrom tausender Geflüchteter nach Deutschland. Dabei erinnerten sich viele unserer kosovarischer TeilnehmerInnen an ihre eigene Fluchtgeschichte und den Aufenthalt in Deutschland während des Kosovokriegs 1999 und teilten ihre Erfahrungen mit der Gruppe.

Kosovo & die EU – wie geht es weiter?

Die Beziehungen Deutschlands zum Kosovo standen im Mittelpunkt des Treffens mit dem Bundestagsabgeordneten Peter Beyer, den wir auf Einladung des Düsseldorfer EUD-Vorsitzenden Stefan Engstfeld im nordrhein-westfälischen Landtag treffen durften. Als Mitglied des Auswärtigen Ausschusses und Berichterstatter seiner Fraktion für die Länder des Westbalkans schilderte Herr Beyer uns, wie schwierig es das Thema EU-Erweiterung in der Öffentlichkeit und innerhalb der politischen Kräfte und der politischen Führung Deutschlands habe. Es sei ein „sehr unpopuläres Thema“. Die Zusammenarbeit mit den Staaten des westlichen Balkan, der Dialog und die Unterstützung Kosovos durch die EU und Deutschland sei unumgänglich. Jedoch müsse Politik und Zivilgesellschaft im Kosovo in Themen wie Migration, Jugendarbeitslosigkeit Korruptionsbekämpfung und Demokratisierung eigenständig voranschreiten und Fortschritte zeigen.

Wie lange braucht es bis ein Land EU-Mitglied wird? Inwiefern dieser Prozess auch von politischem Momentum abhängt und welche Kriterien erfüllt werden müssen erklärten uns Martin Mödder und Andreas Christ in der Universität Düsseldorf. Von der Lage in der der Türkei bis über Korruption als Integrationshindernis: trotz der heißen Temperaturen an diesem Nachmittag beteiligten sich die JEFerInnen mit großem Interesse an diesem Workshop.

JEF-Akademie und Grillen in Münster

Nach unserer Reise nach Münster und einem ersten Abend am Aasee führte die JEF Münster die Gruppe durch die Stadt und vorbei an ihren schönsten Plätzen, bevor wir uns am Nachmittag auf Besuch des JEF-Europa Sekretariats freuen konnten. Sonja Afanasjeva, Policy Officer bei JEF Europa, führte mit uns einen Workshop zum Thema Populismus und seine Auswirkungen auf NGO-Arbeit durch. Dabei arbeiteten die JEFerInnen an konkreten Fallbeispielen und suchten nach Lösungen, wie zivilgesellschaftliche Organisationen auf Angriffe und Fake News von populistischen Kräften reagieren können. Wir teilten außerdem unsere Meinungen und Erfahrungen mit der AfD und der linksnationalen Partei Vetervendosje in Kosovo.

Nach einem langen Tag mit vielen politischen Debatten ließen wir die Politik beiseite und genossen am Abend das wunderbare Wetter am Aasee.

Kulturaustausch von Kosovo nach NRW

Wieder zurück in Düsseldorf trafen wir Tobias Flessenkemper, ehemaliger JEFer und aktuell Büroleiter der Vertretung des Europarates in Belgrad. Tobias, ein wahrer Experte der Region, schilderte uns seine Perspektive auf die aktuelle Situation des Kosovo und teilte seine Sicht auf die Chancen der EU-Integration.

Abends ließen wir unser Programm mit einem Gespräch über Integration und Kulturaustausch mit Ali Salihu, Vorsitzender des Vereins Uracult e.V. ausklingen. Der Kölner Verein hat sich zum Ziel gemacht, die Kultur aus den Ländern des Balkans nach Nordrhein-Westphalen zu bringen – mit Konzerten, Lesungen und Ausstellungen. Ein tolles Beispiel für Integration über Kultur und die Wertschätzung der Verbindung von alter und neuer Heimat. Unsere kosovarischen Gäste waren vor allem interessiert an der persönlichen Geschichte Alis, und wie er sich in Deutschland ein neues Zuhause geschaffen hat. Beeindruckt hat uns auch sein Wunsch, durch seine ehrenamtliche Arbeit ein positiveres Bild der Region in Deutschland zu schaffen, Stereotype abzubauen und Begeisterung für die Kunst und Kultur auf beiden Seiten zu fördern.

Einen letzten Abend, eine Feedback-Runde am Montag und ein langes Abschiednehmen später war unsere gemeinsame Zeit schon vorbei. Die KosovarInnen erkundeten noch die Düsseldorfer Innenstadt und der Rest verteilte sich wieder in alle Richtungen, nach Köln, Maastricht, Brüssel oder Bochum.

Wir haben gezeigt: gemeinsam verbindet uns sehr viel.

Danke, oder auf Albanisch: Faleminderit, an das Team Leutrim, Mirgeta, Hannah, Sonja, Jette, Maike und viele mehr für euren Einsatz!

Auf weitere erfolgreiche und spannende und vor allem föderalistische Begegnungen, europaweit.