Europa im Fokus, United in Diversity

Blick zurück: der Black History Month

Wir als JEF NRW und JEF Bremen haben den Februar 2021 ganz dem Thema Black History Month gewidmet.

Was ist der Black History Month?

Der Black History Month kommt ursprünglich aus den USA. Als Begründer gilt Dr. Carter G. Woodson, der die “Organisation für die Studien von Afro-Amerikanischen Leben und Geschichte” 1915 gegründet hat. Mit dieser Organisation sollte aufgearbeitet werden, was bisher vernachlässigt wurde: die Geschichte der Afro-Amerikanischen Bürger*innen in den USA.

Die erste Woche, die sich diesem Thema widmete, initiierte Dr. Woodson 1926. Sie fand im Februar statt, weil dort sowohl der Geburtstag von Abraham Lincoln, als auch Frederick Douglass waren. Beide sind zwei zentrale Persönlichkeiten in der Geschichte der Afro-Amerikaner*innen in den USA. So entfloh Douglass selbst der Sklaverei, setzte sich sein Leben lang für die Abschaffung der Sklaverei ein und war einer der einflussreichsten Anführer der Bürgerrechtsbewegung. Lincoln unterzeichnete in den 60er Jahren die Emanzipationsproklamation, die zur Abschaffung der Sklaverei in den Südstaaten führte.

Im Zuge der Bürgerrechtsbewegung in den 60er Jahren wurde aus der Woche schließlich ein Monat. Doch der Black History Month wird nicht nur in den USA sondern mittlerweile in vielen Ländern der Welt durchgeführt. In Deutschland wurde der Black History Month zum ersten Mal von der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland eingebracht, die sich für die Interessen Schwarzer Menschen in Deutschland einsetzen und gegen Rassismus kämpft.  

Auch wir als JEF NRW & JEF Bremen wollten den Februar diesem wichtigen Thema widmen und uns mit der europäischen Kolonialgeschichte auseinandersetzen. Dafür haben wir Informationen aufbereitet & geteilt, ein Quiz zur Europäischen Kolonialgeschichte veranstaltet, sowie uns in unserem Lesekreis mit diesem Thema beschäftigt. Für uns ist die Auseinandersetzung mit diesem Thema zentral, um das Bewusstsein für strukturellen Rassismus gegen BIPoC zu stärken. Wir wollten uns besonders mit der Geschichte der europäischen Kolonialisierung beschäftigen, um zu verstehen, wo der heutige strukturelle Rassismus herkommt und um aus der Vergangenheit zu lernen, damit wir einen Beitrag dazu leisten können, gegen strukturellen Rassismus in der heutigen Zeit zu kämpfen. 

Dazu möchten wir zum Abschluss einige Persönlichkeiten vorstellen, die sich in ihrem Leben mit den Auswirkungen der europäischen Kolonialgeschichte beschäftigen oder sich damit beschäftigt haben: 

Pionier*innen 

May Ayim 
blues in Schwarzweiß 

während noch immer und schon wieder 
die einen
zerstückelt und verteilt und vertrieben werden die 
einen die immer die anderen sind und waren und bleiben sollen erklären sich die 
eigentlich anderen noch immer und schon 
wieder zu den einzig wahren 
erklären uns die eigentlich anderen: noch immer und schon wieder den krieg 

es ist ein blues in Schwarzweiß 
1/3 der welt 
zertanzt die anderen 
2/3 sie feiern in weiß 
wir trauern in Schwarz 
[...]

May Ayim wurde als Sylvia Andler 1960 (3. Mai 1960 in Hamburg – 9. August 1996 in Berlin) in Hamburg geboren. Ihre Eltern, die Deutsche Ursula Andler und der ghanaische Medizinstudent Emmanuel Ayim waren unverheiratet. May Ayim war eine deutsche Dichterin, Pädagogin und Aktivistin der afrodeutschen Bewegung.

Die Schriften von Autorinnen wie Ayim, die außerhalb der Gesellschaft stehen, tragen zu reichhaltigen und neuen Perspektiven in der deutschen Literatur und der deutschen Diskussion über Race bei. Sie besitzen einen ganz eigenen Standpunkt gegenüber der Gesellschaft und dies macht diese Arbeiten so unverzichtbar.

Katharina Oguntoye (geboren am 21. Januar 1959 in Zwickau). Katharina Oguntoye wuchs in Leipzig, Heidelberg und in Nigeria auf. Ihre Mutter lernte nach Aussagen Oguntoyes ihren Vater an der Universität Leipzig kennen, der dort mit Hilfe eines Stipendiums der DDR studierte. Katharina Oguntoye spielte von Beginn an eine wichtige Rolle in der afrodeutschen Bewegung. Sie lebt in Berlin. Katharina Oguntoye ist eine deutsche Schriftstellerin, Historikerin, Aktivistin und Dichterin. Besondere Bekanntheit erlangte sie durch die Mitherausgabe des Buches Farbe bekennen mit May Ayim (damals May Opitz) und Dagmar Schultz.

Oguntoye war Mitbegründerin der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD) und der afrodeutschen Frauengruppe ADEFRA. 1997 gründete sie darüber hinaus das interkulturelle Netzwerk Joliba e. V., das vor allem Familien afrikanischer, afrodeutscher und afroamerikanischer Herkunft Angebote macht.

Anton Wilhelm Amo, auch bekannt als Antonius Guilielmus Amo Afer ab Aximo in Guinea (* um 1703 in Nkubeam bei Axim, heute Ghana; † nach 1753 vermutlich im heutigen Ghana, laut Grabstein bei Shama † 1784), war der erste bekannte Philosoph und Rechtswissenschaftler afrikanischer Herkunft in Deutschland. Er stellte die Ungleichheit von schwarzen Europäern in Frage und gilt als ein Vordenker des Antirassismus. Amo wurde als Kind versklavt und von der Niederländisch-Westindischen Gesellschaft (niederländisch Geoctroyeerde West-Indische Compagnie, häufig kurz WIC) nach Amsterdam verschleppt. Von dort wurde er an Anton Ulrich von Braunschweig und Lüneburg-Wolfenbüttel „verschenkt“, der ihn als „Kammermohren“ an seinen Sohn August Wilhelm „weitervererbte“. 

Seit 1994 erinnert die Universität Halle alljährlich mit dem Anton-Wilhelm-Amo-Preis an Deutschlands ersten schwarzen Philosophen. 

EU-Abgeordnete

Alice Bah Kuhnke 

“The EU must show solidarity with the massive anti-racist protests all over the world, and condemn racism and police brutality everywhere. The protests against racism have given us a real opportunity for genuine change. Racism isn’t isolated to the US, it exists in Europe and worldwide. The EU still lacks legislation on anti-discrimination outside the workspace.” 

Alice Bah Kuhnke ist Mitglied des 9. Europäischen Parlaments seit 2019, als Teil der Fraktion Die Grünen/ EFA, sie ist deren stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Sie trat auch dem Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres und dem Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter bei. Zusätzlich zu ihren Ausschussaufgaben ist sie Mitglied der Interfraktionellen Arbeitsgruppe des Europäischen Parlaments für LGBT-Rechte. Zudem ist sie schwedische Journalistin und Politikerin bei den Grünen (Miljöpartiet de Gröna). 

Ein sehr empfehlenswerter Artikel von ihr:

Parliament must vote for clear stance against racism | Greens/EFA (greens-efa.eu)

Maurice Ponga

Maurice Ponga ist EU Abgeordneter, geboren am 05.06.1947 Kouaoua (Nouvelle-Calédonie). Er vertritt im EU parlament die Frankreich im EU Parlament und gehört der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) an. Wichtig ist Ponga derzeit das erste „Forum für Europas Regionen in äußerster Randlage“, wo besprochen wird, wie die EU ihre territorialen Ausleger wirtschaftlich unterstützen will. 

“Die EU leistet einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung, zum Handel und zur Sicherheit Afrikas, aber sie muss auch weiterhin investieren, insbesondere in die Bildung, um den jungen Generationen Perspektiven zu bieten. Unsere Zukunft und die Zukunft Afrikas sind eng miteinander verknüpft, deshalb müssen wir gemeinsam handeln.” 

Maurice Ponga

Dr. Pierrette Herzberger-Fofana 

Dr. Pierrette Herzberger-Fofana ist Abgeordnete des Europäischen Parlaments für die Grünen/EFA und Ko-Präsidentin der der Anti-Racism and Diversity Intergroup des Europäischen Parlaments (ARDI). Zudem ist sie erste stellvertretende Vorsitzende des Entwicklungsausschusses (DEVE) und Mitglied der Delegation für die Beziehungen zum Panafrikansichen Parlament (DPAP), sowie bei der Delegation im Parlamentarischen Ausschuss Cariforum-EU (DCAR). Cariforum bezeichnet Länder des karibischen Raums.

“Ich arbeite nicht zuletzt für das Ziel, dass Frauen verschiedener Herkunft und unterschiedlichen Alters den Sprung in die Politik wagen, denn Vielfalt bleibt ein leeres Wort, solange nicht alle sichtbaren Minderheiten in den politischen Gremien vertreten sind.” 

Dr. Pierrette Herzberger-Fofana

Sie schreibt über sich selbst: „Als Schwarze Frau, als Politikerin, als Lehrerin, als Mutter und als Aktivistin arbeite und lebe ich dafür, gleichberechtige menschliche Beziehungen, Dialoge und Zusammenarbeit überall dort möglich zu machen, wo dies noch nicht möglich ist.“  

Forschungsperspektiven  

Gayatri Spivak

„Between patriarchy and imperialism, subject-constitution and object-formation, the figure of the woman disappears, not into a pristine nothingness, but into a violent shuttling which is the displaced figuration of the „third-world woman“ caught between tradition and modernization.“

Gayatri Chakravorty Spivak, Can the subaltern speak?

Gayatri Chakravorty Spivak gilt als eine der Gründungsfiguren des postkolonialen Feminismus. Spivak forscht besonders zu der Schnittstelle von Geschlechterdifferenz, race und Klasse. Ihr bekanntester Essay heißt „Can the Subaltern Speak?“ (1988), indem sie „anhand des Verbots der Witwenverbrennung durch die englische Kolonialverwaltung“ zeigt, dass „die Witwen weder von den Engländern noch von den indischen Eliten in angemessener Weise repräsentiert wurden. Beide Seiten maßten sich an, für diese Frauen sprechen zu können.“ Ihre postkolonialen Ansätze gehören mittlerweile zur den Grundlagentexten der Geschlechterforschung.

Chandra Talpade Mohanty

„Chandra Talpade Mohanty gehört zu den bedeutendsten zeitgenössischen postkolonialen Wissenscha­ftlerinnen und Aktivistinnen. Sie versteht sich als antirassistische Feministin und sieht sich in der Tradition sozialistischer Feministinnen und feministischer Theorien des ‚Globalen Südens‘ verwurzelt. (…). In ihren Texten analysiert sie die verschränkten Machtrelationen von Kolonialismus, Rasse, Klasse und Geschlecht. ‚Dekolonisierung‘, das heißt die kritische Auseinandersetzung mit dem kolonialen Erbe auf allen Ebenen ist für sie eine vorrangige, wissenscha­ftliche und zugleich politische Frage, die zeigt, wie der Reichtum Weniger mit der Armut Vieler zusammenhängt.“ – Cornelia Goethe Centrum

“I would like to suggest that the feminist writings I analyze here discursively colonize the material and historical heterogeneities of the lives of women in the third world, thereby producing re-presenting a composite, singular „Third World Woman“- an image which appears arbitrarily constructed, but nevertheless carries with it the authorizing signature of Western humanist discourse. I argue that assumptions of privilege and ethnocentric universality on the one hand, and inadequate self-consciousness about the effect of Western scholarship on the „third world“ in the context of a world system dominated by the West on the other, characterize a sizable extent of Western feminist work on women in the third world.”

Chandra Talpade Mohanty, Under Western Eyes: Feminist Scholarship and Colonial Discourses

Sara Ahmed

We might have to use different methods to get the message out, to counter the state’s story with stories of the injustice, say, of anti-immigrant violence, Islamophobia, anti-Black racism and persistent colonial violence against Indigenous communities. We need to keep doing the work. Work where you are. Don’t let the problem appear only “there;” it is here. Speak out from where you are. Do what you can, given your own resources and capacities. Work with people who get you. Talk. Shout. Be.

Sara Ahmed, Interview

Sara Ahmed schreibt über sich selbst: “I am a feminist writer and independent scholar. I work at the intersection of feminist, queer and race studies. My research is concerned with how bodies and worlds take shape; and how power is secured and challenged in everyday life worlds as well as institutional cultures.”  Sie forscht zum Beispiel zu „Mixed Orientations“ (2014) oder „Embodying Diversity: Problems and Paradoxes for Black Feminists“ (2019). Bis 2016 war sie Professorin für Race and Cultural Studies an der University of London, bis sie aus Protest kündigte, weil Vorfälle von sexueller Gewalt nicht richtig aufgearbeitet wurden.  

Titelbild CC:
Alice Bah Kuhne – Kristian Pohl, Wiki Commons
Gayatri Spivak – Rosa Luxemburg Stiftung, Flickr
Katharina Oguntoye – Heinrich Böll Stiftung, Flickr
Sara Ahmed – Rama, Wiki Commons